Kiews Geheimdienste SBU und GUR CIA hilft seit 2015 im Schattenkrieg gegen Moskau
Von Roland Peters 23.10.2023, 20:08 Uhr Artikel anhören
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In weniger als einem Jahrzehnt rüsten die USA ihre ukrainischen Partner mit Geheimdiensttechnik und Fähigkeiten aus, um gegen Russland zu bestehen. Die Dienste betrieben Geheimgefängnisse für "Verräter" und hätten Dutzende Attentate durchgeführt, berichtet ein US-Medium.
Verdeckte Einsätze von Eliteeinheiten, Dutzende Morde und Missionen gegen militärische Ziele: Die Spione des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes SBU und des Militärgeheimdienstes GUR führen laut einem Medienbericht seit Jahren einen Schattenkrieg gegen die russischen Invasoren - auf besetztem eigenen Staatsgebiet, aber auch in Russland. So sei unter anderem die Autobombe, die im vergangenen Jahr die prominente russische Kriegsbefürworterin Daria Dugina nahe Moskau tötete, ein Anschlag der ukrainischen Dienste gewesen, berichtet die "Washington Post". Auch die Sprengstoffanschläge auf die Krimbrücke gehen demnach auf deren Konto.
Der US-amerikanische Auslandsgeheimdienst CIA habe fast ein Jahrzehnt lang die ukrainischen Kollegen trainiert und dafür Dutzende Millionen Dollar ausgegeben, schreibt das US-Medium unter Berufung auf Aussagen aus beiden Regierungen. Die Ausbildung konzentriere sich insbesondere auf die Fähigkeiten, Informationen über den Feind zu sammeln und verdeckte Einsätze hinter feindlichen Linien mit Spionen und Eliteeinheiten durchzuführen. Die CIA sei nicht in Tötungen involviert gewesen, heißt es demnach aus der US-Regierung. Nach dem Anschlag auf Dugina, der ihrem Vater Alexander galt, hatten die USA die Ukraine "ermahnt". Viele der verdeckten Missionen hätten militärische Ziele gehabt und stärkten die Landesverteidigung.
Auslöser der intensiven Zusammenarbeit von USA und Ukraine war dem Bericht zufolge die russische Besatzung der Ostukraine sowie die Annexion der Krim im Jahr 2014. Die Verbindung der beiden Geheimdienste sei eng, man habe eine komplett neue, gemeinsame Abteilung gegründet, heißt es weiter. Denn zu Beginn sei vor allem der SBU noch mit russischen FSB-Agenten durchsetzt gewesen. Ziel der Ausbildung sei gewesen, SBU und GUR zu "wirkmächtigen Verbündeten" zu machen, die "aktive Maßnahmen" gegen Moskau durchführen können. Nach der "fünften Abteilung" von CIA und SBU sei inzwischen eine "sechste Abteilung" gegründet worden, das Äquivalent für die Zusammenarbeit mit dem britischen Geheimdienst MI6.
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Die CIA habe die ukrainischen Partner mit Überwachungssystemen ausgerüstet, Rekruten für einheimische Eliteeinheiten sowohl in der Ukraine als auch in den Vereinigten Staaten trainiert, sowie ein neues Hauptquartier für den Militärgeheimdienst GUR finanziert, heißt es in dem Artikel. Man teile mit den neuen Partnern inzwischen "ein Ausmaß an Informationen, das vor der russischen Annexion der Krim und Förderung des Separatistenkrieges in der Ostukraine undenkbar gewesen wäre". Der GUR habe zu Beginn etwa 5000 Mitarbeiter gehabt. "Wir mussten ihn von Grund auf neu aufbauen", wird ein früherer US-Geheimdienstler zitiert. Die CIA ist dem Bericht zufolge auch aktuell sehr präsent in Kiew.
Kiew sieht "Liquidierungen" als legitim
Die Zusammenarbeit mit der CIA begann mit der Ausbildung und Rekrutierung russischer Informanten und dem Abhören russischer Kommunikation. Es folgten Sabotageeinsätze von Spionen und das Kidnapping von Separatistenführern und Kollaborateuren. Manche von ihnen seien in Geheimgefängnisse gebracht worden. Ein früherer US-Geheimdienstmitarbeiter sagte dem US-Medium, sie hätten jedoch strenge Beschränkungen bei der Zusammenarbeit mit den ukrainischen Kollegen gehabt.
In den vergangenen 20 Monaten haben die beiden ukrainischen Geheimdienste dem Bericht zufolge Dutzende Attentate gegen russische Verantwortliche in den von Moskau besetzten Gebieten durchgeführt, darunter waren ukrainische Kollaborateure, Offiziere im Hinterland der Front, sowie Kriegsunterstützer in Russland. Das Medium führt etwa den Militärblogger auf, der infolge einer Bombenexplosion in einem Café in Sankt Petersburg starb, sowie den früheren russischen U-Boot-Kapitän, der beim Joggen in der südrussischen Stadt Krasnodar erschossen wurde. Regierungsmitarbeiter in Kiew würden dies "Liquidierungen" nennen, die sie im Verteidigungskrieg gegen Russland als legitim ansehen.
Die Morde führten laut dem Bericht zu Spannungen zwischen den Geheimdiensten der beiden Länder. In Washington bestehe die Sorge, dass die Zusammenarbeit in Moskau als Komplizenschaft der CIA wahrgenommen werden könnte. Auch in der Ukraine werden die Attentate demnach mitunter skeptisch gesehen. "Wir haben zu viele Feinde, deren Neutralisierung wichtiger ist", wird ein hochrangiger Mitarbeiter zitiert: "Menschen, die Raketen abfeuern. Die für die Gräueltaten in Butscha verantwortlichen Menschen." Die Tochter eines prominenten Kriegsbefürworters zu töten, sei "sehr zynisch".
Warnung vor Ausweitung auf Drittländer
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Mitarbeiter von SBU und GUR sähen die bisherigen Einsätze als Konsequenz außergewöhnlicher Umstände. "Alle vom SBU getroffenen Ziele sind komplett legal", teilte SBU-Chef Vasyl Malyuk mit: "Wir tun alles, um sicherzugehen, dass Verräter, Kriegsverbrecher und Kollaborateure ihre gerechte Bestrafung ereilt."
Die Attentate auf Personen seien alle unabhängig von der CIA durchgeführt worden, sagten ukrainische Informanten. Zudem hätten die ukrainischen Dienste weder Waffen oder Ausrüstung aus US-Ressourcen verwendet, noch deren Gelder. Ein früherer CIA-Mitarbeiter warnte jedoch vor einer möglichen Ausweitung solcher Anschläge auf Russen in Drittländern: "Dies könnte Partner auseinandertreiben und die weiter gefassten strategischen Ziele der Ukraine gefährden", wird er zitiert. Kiew strebt sowohl eine Mitgliedschaft in der NATO als auch in der EU an.